Modified: 03.08.2004

Das Boí-Tal bildet nicht nur die westliche Anfahrtsroute zum  Aigüestortes Nationalpark, sondern auch die Heimat einiger kunsthistorischer Juwelen ersten Ranges: Hier sind viele Dorfkirchen des 11. und 12. Jahrhunderts erhalten geblieben, die zur lombardischen Romanik gezählt werden. Neun dieser Kirchen wurden in das Unesco Weltkulturerbe aufgenommen. Einige dieser Kirchen sollen hier vorgestellt werden.

 

 
Sant Feliu de Barruera:
 

Direkt an der Stichstraße ins Vall de Boí liegt die Kirche von Barruera: San Feliu. Sie wurde im 11. oder 12. Jahrhundert erbaut als einschiffige Basilika mit Tonnengewölbe. Im Grundriß ist sie recht unsymmetrisch, ein Querschiff existiert nur an der Südseite, an der Nordseite gibt es stattdessen zwei kleine, rechteckige Kapellen. Ebenso gibt es nur zwei Apsiden (am Hauptschiff und am südlichen Querschiff), der Glockenturm steht ebenfalls auf der Südseite der Kirche. Die Fassade ist wenig verziert, selbst die Ostseite weist nur wenige gliedernde Pilaster und Bögen auf. Das Gebäude ist aus Felsstein gemauert, typisch für die Romanik sind die kleinen Fenster (größere ließen die damaligen Statik-Kenntnisse nicht zu). Die Tür des Westportals ist aus dem Mittelalter erhalten geblieben, der Riegel ist mit Gravuren versehen.


 
San Joan de Boí:
 

Etwas weiter nördlich an der Straße ins Vall de Boí befindet sich das Dorf Boí, das ebenfalls eine der Kirchen besitzt. San Joan de Boí ist als  Basilika errichtet, der Glockenturm steht an der Südseite der Kirche. Sein oberes Stockwerk befindet sich nicht mehr im Originalzustand. Die beiden Seitenschiffe besitzen jeweils eine halbrunde Apsis, deren Dachabschluß mit Blendarkaden versehen ist. Die Apsis des Haupschiffs hat einen rechteckigen Grundriß, sie wurde in späterer Zeit verändert. Interessant sind die Wandmalereien der Kirche, es sind Kopien der Originale, die zwischen 1919 und 1923 entfernt wurden. Unter anderem sind Abbildungen von Musikanten und Jongleuren zu sehen.


 
San Climente de Taüll:
 

Die bekannteste der Kirchen des Boí-Tals ist San Climente de Taüll, kaum ein Pyrenäen-Führer, in dem sie nicht abgebildet ist. Sie besitzt die Form einer  Basilika mit einem südlich beigestellten Glockenturm. Dieser dürfte ein Wesentliches zu ihrer Berühmtheit beigetragen haben, ist er doch höher und schlanker als die Türme der anderen Kirchen. San Climente besitzt drei Apsiden auf der Ostseite, die mittlere größer als die beiden seitlichen. An den oberen Rundbögen der Fenster kann man noch Reste der ursprünglichen Bemalung der Kirche erkennen, dunkelbraune Linien bilden geometrische Muster. Auch die Blendarkaden der Apsiden sind ein wenig schmuckvoller gestaltet als im Vall de Boí üblich. Geweiht wurde San Climente am 10. Dezember 1123. Die Kirche selbst dient nur noch als Museum, im Inneren kann man die erneuerten Wandmalereien bewundern, es gibt auch eine Videopräsentation der Geschichte von San Climente.


 
Santa Maria de Taüll:
 

Ebenfalls in Taüll gelegen ist Santa Maria, die inmitten der engen Gassen des Dorfes steht. Als Besonderheit ist der Turm in das südliche Seitenschiff integriert. Sie weist ansonsten einen symmetrischen Basilika-Grundriß auf mit drei halbrunden Apsiden. Die Ornamentik der Ostseite entspricht annähernd der von  San Climente, Blendarkaden, Pilaster und ein Sägezahnfriess. Die Verwandschaft verwundert natürlich nicht, sind die Kirchen doch im gleichen Ort und zur gleichen Zeit entstanden (Santa Maria wurde am 11. Dezember 1123 geweiht, einen Tag nach San Climente). Im Inneren fällt die einfache Dachkonstruktion auf, die Pfeiler tragen eine Arkade, auf deren geraden Abschluss die Dachbalken einfach aufliegen. Die Wandmalereien wurden (wie auch bei  San Joan) zwischen 1919 und 1923 entfernt, die Originale werden im Museu Nacional d'Art de Catalunya in Barcelona aufbewahrt.


 
Literatur:
 

Romanesque Route through the Alta Ribagorça. Broschüre des ,  Patronat Comarcal de Turisme und des  Patronat Vall de Boí.

Pyrenäen-Handbuch. Michael Schuh. Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, Bielefeld, 2003. ISBN: 3-8317-1164-X.

Links:
 

Die Webseite der Fernsehserie  Schätze der Welt zeigt auch eine  Galerie von Bildern aus dem Vall de Boí.

 

 
 
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