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Quedlinburg ist eine kleine Stadt im Osten des Harzes.
Das besondere an Quedlinburg ist der nahezu vollständig
erhaltene mittelalterliche Stadtkern, der als Ganzes
zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. Quedlinburg
wird erstmalig 922 urkundlich erwähnt, Heinrich I.
hielt sich gerne und oft hier auf.
Ein Stadtspaziergang führt durch die engen Gassen,
die von Fachwerkhäusern gesäumt werden, einige
wundervolle Kirchen zieren die Stadt. Hervorzuheben ist
insbesondere die Stiftskirche Sankt Servatius, die durch
ihre schlichte romanische Ausführung und mit den herrlichen
ottonischen Säulenkapitellen zu beeindrucken weiß.
Quedlinburg ist ebenfalls der Geburtsort von Johann Heinrich
Kloppstock, dessen Geburtshaus hier noch erhalten ist.
Die Lyonel-Feininger-Galerie zeigt eine umfangreiche Sammlung
des Künstlers, die in Quedlinburg vor der Zerstörung
durch die Nationalsozialisten bewahrt wurde.
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Marktkirche Sankt Benedikti:
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 Nördlich des
Rathausplatzes befindet sich die Marktkirche Sankt Benedikti.
Der Marktplatz war schon immer das Zentrum von Quedlinburg,
hier entstand an der Kreuzung zweier Handelswege die
erste Siedlung. Die Marktkirche selbst wird erstmals 1233
urkundlich erwähnt, die Kirche selbst ist jedoch noch
etwas älter und bis auf einige Veränderungen
immer noch erhalten. Begonnen wurde der Bau Anfang des
12. Jahrhunderts, die Weihung erfolgt 1173. Nur einer der
beiden Turmsockel weist einen spitzen Turmhelm auf, der
niedrige Zwischenbau zwischen den beiden Türmen wurde
nach einem Brand aufgestockt. Um die Kirche herum stehen
einige schöne Fachwerkhäuser, auf der Nordseite
weist das barocke, im Jahr 2000 renovierte Goetzesche
Mausoleum darauf hin, dass sich um die
Kirche herum natürlich ein Friedhof befand.
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 Im 15. Jahrhundert
folgten einige größere Umbauten der Kirche, die
romanische Basilika sollte zu einer gotischen Hallenkirche
werden. So wurde der Chor neu gebaut, er erhielt die lichte
Höhe von 17 Metern und wurde mit schönen
Gewölberippen und Sandsteinplastiken ausgestattet.
Heutzutage ist der große Chor ein baustatisches
Problem, er sackt einseitig stärker im weichen
Boden Quedlinburgs ein, so dass sich Risse in den Wänden
am Übergang zwischen Hauptschiff und Chor
zeigen. Allgemein wurde die Kirche nach dem zweiten Weltkrieg
nur notdürftig in Stand gesetzt, ab 1992 stellten Umfangreiche
Sanierungsmaßnahmen, insbesondere das neue Eindecken
des Daches, den Erhalt des Bauwerkes sicher.
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 Die
Innenausstattung der Kirche beinhaltet einige sehr schöne
Stücke aus verschiedenen Stilepochen. So wurde der
Hochaltar 1700 in barock-klassizistischer Manier gestaltet,
er zeigt die Auferstehung Christi in mehreren Bildern,
Plastiken von Petrus, Johannes, König David und
Moses umgeben die Gemälde. Im Langhaus an der Ostwand
des südlichen Seitenschiffes befindet sich ein
spätgotischer Flügelaltar, dessen zentrales
Motiv Maria mit dem Leichnam Jesu auf dem Arm zeigt.
Die Kanzel entstammt der Spätrenaissance, sie wurde
von Georg Steyger gefertigt und ziert seit 1595 die Kirche.
Am Kanzelaufgang befinden sich zahlreiche Reliefs, die
die Glaubensbekenntnisse illustrieren. Sehr schön
ist auch der Kanzeldeckel, eine plastische Darstellung
des himmlischen Jerusalems, über dem Gott auf einer
Wolke thront.
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Sankt Nikolai:
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 Die Neustadt
Quedlinburgs ist keinesfalls ein Neubaugebiet, sie wurzelt
im Anfang des 12. Jahrhundert und war zunächst eher
von Bauern besiedelt. Die Kirche der Neustadt ist Sankt
Nikolai, die um 1310 fertiggestellt wurde. Äßerlich
ist sie seit dem 15. Jahrhundert nahezu unverändert,
allerdings wurde die Kirche mehrmals von Blitzeinschlägen,
Stürmen und Bränden heimgesucht. Der Erhalt der
Kirche erfordert auch heute noch beträchtliche Summen,
der sumpfige Untergrund, auf dem Quedlinburg
entstand, fördert das ungleichmäßige Absinken
des Fundaments und damit die Rissbildung in den Wänden.
Das Innere der Kirche wirkt durch das niedrige Hauptschiff etwas
gedrungen, dies liegt an der Umgestaltung der Kirche von
einer romanischen Basilika zum gotischen Erscheinungsbild:
Unterhalb der vorherigen flachen Decke aus Balken wurden
die gotischen Gewölbe eingezogen, der Raum dadurch
also niedriger.
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  Die Innenausstattung
von Sankt Nikolai ist reduziert auf das Wesentliche, von einer
Vielzahl von kleinen Altären ist nach der Reformation
nichts geblieben, Hauptaltar und Kanzel wurden Anfang des
17. Jahrhunderts erneuert und erstrahlen im Glanz des
Barock. Die Motive des Altars nehmen Bezug auf Ostern,
Abendmahl und Kreuzigung, Kreuzabnahme und Auferstehung
werden gezeigt. Ebenfalls schauen die vier Evangelisten,
ein jeder mit seinem Tiersymbol versehen (siehe
ELSA) vom Hochaltar herab.
Die Kanzel wurde 1731 geschaffen, sie wird von einem
rustikalen Engel getragen, hoch oben auf dem Kanzeldeckel
thront ein Pelikan, der sich nach dem mittelalterlichen
Mythos die Brust aufreißt, um seine Jungen mit seinem
eigenen Blut zu speisen. Im Chor gibt es noch eine Godehard-Figur
zu bewundern, die aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammt.
Schön sind auch die Säulen, die die Orgelempore
tragen, weinberankt winden sie sich in die Höhe.
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Stiftskirche Sankt Servatius:
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 Südlich des
Stadtzentrums befindet sich der Schloßberg, auf dem
sich bereits in der Bronzezeit eine Siedlung befand. Als
Heinrich I. König wurde, ließ er Quedlinburg
zu einer Befestigungsanlage ausbauen, nach seinem Tod
wurde von seiner Witwe auf dem Berg ein Frauenstift
angelegt. Der heutige Bau der Stiftskirche wurde nach einem
Brand auf dem Burgberg um 1070 begonnen und 1129
geweiht, er ist ein sehr schönes Beispiel
der Hochromanik. Die größte Veränderung
aus späterer Zeit war der Bau eines gotischen
Hochchores um 1320. In der Zeit des Nationalsolzialismus
wurde das Kircheninnere wieder "romanisiert", da die
Nazis das Romanische (im Gegensatz zu dem vorwiegend
aus Frankreich stammenden gotischen Stil) als einzig
deutschen Stil propagierten. Die gotische Apsis wurde
daher einfach vermauert, um einen romanischen
Innenraum zu schaffen. Über das unsägliche
Treiben der Nazinalsozialisten mit der Kirche und
ihrer Gemeinde gibt eine Ausstellung im Schlossmuseum
nebenan Auskunft.
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  Im Inneren der
Stiftskirche herrscht eine strenge, kühle Atmosphäre,
sofort fällt der sehr hoch gelegene Hochchor ins
Auge, der über die ebenerdige Krypta gebaut wurde.
Die Kirche ist natürlich eine romanische Basilika,
zwischen den Pfeilern der drei Haupschiffsjoche stehen
jeweils zwei Säulen (siehe Stützenwechsel).
Phantastisch sind die Kapitelle der Säulen, sie zeigen
einige schöne Darstellungen von Tieren sowie eine
reiche Ornamentik.
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Stadtspaziergang:
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Nicht nur die
Kirchen machen Quedlinburg zu einem Kleinod der Geschichte.
Hier ist noch ein ganzer mittelalterlicher Stadtkern
erhalten, neben der Stiftskirche haben auch diese etwa 1200
Häuser den Status des UNESCO Weltkulturerbes.
Ein Spaziergang durch die Stadt ist also ein absolutes
Muss für jeden Besucher. Im Folgenden soll daher eine
entsprechende Route als Vorschlag gegeben werden.
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  Wir beginnen
unseren Spaziergang direkt auf dem Markplatz der
Altstadt. Der Blick über den Platz gibt uns bereits
einen guten Eindruck von Quedlinburgs Bebauung, viele
Fachwerkhäser, von denen auch in späterer Zeit
wenige verputzt oder anderweitig umgestaltet wurden.
Besonders augenfällig ist natürlich das Rathaus,
das 1310 erstmals urkundlich erwähnt wird. Anfang
des 17. Jahrhunderts erhielt der ursprünglich
gotische Bau eine Renaissance-Fassade. An der südöstlichen
Ecke befindet sich eine Rolandsfigur, die bereits vor 1460
hier aufgestellt wurde, jedoch 1477 gestürzt wurde,
als die Äbtissin gewaltsam die Herrschafft über die
Stadt erlangt (Rolandsfiguren sind nach Bremer Vorbild
ein Symbol der städtischen Unabhängigkeit von
der Kirche). 1896 wurde der restaurierte Roland hier
wieder aufgestellt.
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   Hinter dem Rathaus sind
bereits die Türme
von Sankt Benedikti zu sehen, wir setzen unseren Weg rechts vom Rathaus
in diese Richtung fort und gehen die Breite Straße
entlang. Um Sankt Benedikti stehen einige schöne
Fachwerkhäser, direkt an Ecke breite Straße und
Kornmarkt gibt es ein nettes Café. Gegenüber
ist die Ratsapotheke, in deren Fassade noch eine Kanonenkugel
steckt. Es lohnt sich, der breiten Straße noch ein
wenig zu folgen, nach einigen Metern gelangt man zum Gildehaus
Zur Rose, einem Haus von 1612. Es ist im Stil des
Manierismus am Ende der Renaissance gestaltet und besitzt
schön geschnitzte Brüstungsplatten, im Erdgeschoss
befindet sich eine Gaststätte mit antiquarischer
Inneneinrichtung. Wieder zurück am Kornplatz
biegen wir links in die Bockstraße ein, die von
vielen kleinen Läden gesäumt wird. Hinter der
nächsten Querstraße führt die Straße
weiter über den Mühlgraben, der die Altstadt
von der Neustadt trennt.
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 Ein paar
Schritte weiter gelangen
wir zum Mathildenbrunnen, dem ehemaligen Rathausplatz der
Neustadt (das Rathaus ist jedoch nicht erhalten geblieben).
Hinter der Häuserreihe an der Pölkenstraße
sehen wir bereits die Türme der Nikolaikirche, die
einen Besuch wert ist. Zurück am Mathildenbrunnen
folgen wir dem Platz und dann weiter der Heiligegeiststraße.
An der Ecke Am Hospital befinden sich einige
Häuser neueren Datums, schön gestaltet im Jugendstil.
Die Verlängerung der Heiligegeiststraße ist die
Steinbrücke, die tatsächlich einmal eine Brücke
war, die zur Altstadt hinüberführte. Unsichtbar unter den
Häusern hier befinden sich noch die Pfeiler der Brücke,
die mit großem Aufwand durch das ehemals sehr sumpfige
Gelände gebaut wurde.
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  Wir folgen der
Steinbrücke nicht bis zum Ende (dann wären wir
wieder auf dem Rathausplatz), sondern biegen links in die
Carl-Ritter-Straße ein. Nach kurzer Zeit sehen
wir links bereits den Schlossberg mit der Stiftskirche.
Man kann durch das Seniorenheim hindurchgehen und gelangt
dann in die Lange Gasse. Dieser folgen wir ein Stück
hinauf auf den Schlossberg, bis wir links über
eine Treppe auf die Gasse Schlossberg gelangen, die
an hübschen kleinen Häusern vorbeiführt.
Wir erreichen einen Platz und folgen der Treppe links
hinauf zum Schloss (der Platz wird weiter unten noch
beschrieben).
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  Durch ein Tor
geht es hinauf auf den
Berg, auf dem sich ein Gasthof, die Stiftskirche und
das Schlossmuseum befinden. Der Besuch der Kirche
ist das Eintrittsgeld wert, das Museum ist ebenfalls
interessant, in den ottonischen Gewölben des
Museums befindet sich auch eine Ausstellung über die
bewegte Geschichte der Stiftskirche in der NS-Zeit.
Gleichfalls hat man vom Schloss aus einen herrlichen
Blick über die Stadt.
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Es folgt der
Weg zurück nach unten, bis wir wieder auf dem Platz
stehen. An diesem befindet sich das Geburtshaus von
Friedrich Gottlieb Kloppstock, direkt gegenüber befindet
sich die
Lyonel-Feininger-Galerie. die eine umfangreiche Sammlung
des Malers und Graphikers zeigt.
Wir gehen nun in die Straße Finkenherd,
schöne Fachwerkhäuser säumen die Gasse. An dieser
Stelle soll der Sage nach Heinrich I. die Reichskleinodien
erhalten haben, als er gerade beim Vogelfang saß, eine
recht unverhoffte Ernennung zum König. Wir überqueren
die Carl-Ritter-Straße, folgen der Hohen Straße
und biegen rechts in die Blasiistraße ein. Kurz hinter
der Kirche Sankt Blasii gelangen wir wieder auf den Rathausplatz,
wo der Rundgang endet. Der Spaziergang lässt sich leicht
um Abstecher zum Münzenberg oder zum Brühl und
Sankt Wiperti erweitern.
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Links:
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Es existiert ein Eintrag von Quedlinburg in der
Wikipedia. Dort
gibt es auch einen Artikel zu den Rolandstatuen.
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Eintrag Quedlinburgs in der Liste des
UNESCO Weltkulturerbes.
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Sights-and-Culture hat eine Seite zu Quedlinburg,
auf der sich einige hübsche Bilder befinden.
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Literatur:
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Quedlinburg - Marktkirche St. Benedikti, Kunstverlag PEDA,
Passau, 2005. ISBN: 3-89643-598-1.
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Quedlinburg - St. Nikolai in der Neustadt, Kunstverlag PEDA,
Passau, 2001. ISBN: 3-89643-175-7.
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St. Servatius in Quedlinburg, DKV-Kunstführer 403/3,
Zehnte Auflage, Deutscher Kunstverlag GmbH,
München.
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Anregungen, Lob und Kritik nehme ich gerne entgegen.
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