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In der Isle de France, jenem Stück
französischen Kernlandes, das seit der Zeit der
Carpetinger die kulturelle Keimzelle des heutigen Frankreichs
darstellt, wurden im 13. Jahrhundert die ersten großen
gotischen Kathedralen errichtet. Chartres bietet dabei
auch heute noch ein schönes Bild einer mittelalterlichen
Stadt, da die Kathedrale dort nach wie vor alle umliegenden
Gebäude bei weitem überragt. Der Skulpturenschmuck
der Kathedrale ist einzigartig, die Kirche gehört seit
1979 zum Unesco Weltkulturerbe.
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Kathedrale Notre Dame:
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 Die Kathedrale von
Chartres gilt als eines der ersten Exemplare einer
vollendeten gotischen Baukunst. Der Platz selbst zeugt
von einer bewegten Geschichte, die erste Kirche an dieser
Stelle wurde bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. errichtet.
Der älteste noch existierende Teil ist die Krypta
der Kirche, sie stammt von einem Bau, der nach einem
Brand im Jahre 858 unter dem Bischof Giselbert
errichtet wurde. Ein weiterer Neubau wurde 1020 nach
einem Brand notwendig, dieser wiederum verlor 1134
die Westfassade und die Türme durch ein Feuer.
Somit wurden bis 1160 die heutige Westfassade und die
beiden Türme errichtet, diese blieben bei einem
erneuten Brand im Jahre 1194 n. Chr. erhalten.
Der Wiederaufbau wurde diesmal mit erheblichen
finanziellen Mitteln und großer Beteiligung
der Bevölkerung angegangen, bereits 1220
wurde der Bau eingewöbt, die für die
damalige Zeit sehr kurze Bauzeit führt auch zu einem
stilistisch einheitlichen Gesamteindruck der Kathedrale.
Bis 1260 war der Bau dann vollständig abgeschlossen,
spätere Erweiterungen waren Ende des 13. Jahrhunderts
die Sakristei und im Jahr 1326 die Kapelle St. Piat.
Das Gebäude ist jedoch im Wesentlichen unverändert,
nur der Dachstuhl ist nicht erhalten, er brannte im
Jahr 1836 ab, ohne jedoch großen Schaden am Gebäude
zu verursachen.
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   Ein Rundgang um die
Kirche vom Westportal gegen den Uhrzeigersinn führt
zunächst am Turm entlang, an dem die volkstümliche
Darstellung des Esels mit der Leier angebracht
ist. Von hier gelangen wir zum Portal des südlichen
Querhauses, welches das Weltengericht, die Apokalypse, zum
Thema der Skulpturen hat. Hier begegnen uns die Märtyrer
im linken Portal, das mittlere Portal zeigt wieder Christus
als Weltenrichter, diesmal auch mit der Wägung der
Seelen durch den Erzengel Michael, nach welcher die Seligen
in den Himmel und die Verdammten in die Hölle ziehen.
Das Südportal weist baulich einige antike Anlehnungen
auf wie z.B. die dreieckigen Giebelfelder, die von runden
Säulen getragen werden. Am östlichen Ende befindet
sich die Kapelle St. Piat, die etwas eigentümlich an
den Chor angebaut ist und eine sehr hohe, fensterlose
Ostfront besitzt. Am Chor selbst fallen die unzähligen
Strebepfeiler auf, die die Gewichtskräfte des Daches
aufnehmen und zum Fundament der Kirche ableiten.
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   Das
Portal des nördlichen Querhauses ist wiederum mit
einer großen Anzahl von Figuren geschmückt,
das Mittlere ist das älteste der Querhausportale,
es zeigt den Triumph der Maria mit Darstellungen von
ihrem Tod, der Himmelfahrt und die gekrönte Gottesmutter
an der Seite Christis. Die Seiten des Portals
sind mit Figuren alttestamentarischer Gestalten besetzt,
das Bild zeigt die Figuren des östlichen Gewändes:
Melchisedek, Abraham mit Isaak, Moses mit der eisernen Schlange,
Samuel und David. Auf der westlichen Seite stehen ihnen
Jesaja, Jeremia, Simeon, Johannes der Täufer und Petrus
gegenüber. Der Rundgang um die Kirche führt am
Nordturm der Kathedrale vorbei wieder zum Westportal,
dem ältesten Teil der Fassade.
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  Berühmt ist
Chartres für den Figurenschmuck seiner Portale. Die
Skulpturen sind z.T. in einem sehr guten Erhaltungszustand,
sie bezeugen zum einen eine gewisse Mäßigung
der ursprünglich recht zügellosen Darstellungen
von Dämonen und anderen Monstern, wie sie zu romanischer
Zeit noch üblich waren. Zum anderen zeigen sie sehr
eindrucksvoll die phantastischen Vorstellungen von exotischen
Wesen, die die Bildhauer offenbar noch nie im Original
gesehen hatten (z.B. die Darstellungen von Löwen
oder der Skorpion in der Sternzeichenkette am Nordportal).
Auch das weltberühmte Jüngste Gericht
im Bogenfeld über dem Eingangstor zeugt von einer
neuen Zurückhaltung, keine Schrecken der Apokalypse
sind dort zu sehen, sondern nur noch ein Weltenrichter,
der inmitten der vier Symbole der Evangelisten
[ Glossar: ELSA] thront.
Interessant sind insbesondere die vielen Figurenreihen der
Nordportals, wo neben den Sternzeichen auch die Sinnbilder
der Monate (z.B. der zweigesichtige römische Gott
Janus für den Januar) zu sehen sind.
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 Der Innenraum von
Chartres ist nicht so spektakulär wie manche andere
gotische Kathedrale. Die Pfeiler sind sehr massiv gebaut,
so dass trotz der beachtlichen Höhe des Gewölbes
(der Mittelschifftrakt ist 36.5m hoch) nicht
der luftige Eindruck der endlosen Vertikalen erweckt wird,
wie dies bei späteren gotischen Kathedralen der Fall
ist. Selbst verglichen mit der Kathedrale von Soissons, die
ähnliche Dimensionen aufweist, erscheint Chartres sehr
massiv, sind dort die Pfeiler nur 140cm dick, so beträgt
deren Durchmesser in Chartres maximal solide 370cm. Auch ist
die Relation der Höhe des Hauptschiffs zur Breite nicht
besonders groß, das Verhältnis beträgt etwa
2,5 zu 1 und entspricht damit noch eher den romanischen
Kirchen. Zwei Besonderheiten im Innenraum der
Kathedrale machen Chartres dennoch zu einem Juwel: Zum einen
sind dies die vielen noch im Original erhaltenen Fenster
mit ihren berühmten Glasmalereien, die zu den ältesten
der farbigen Fenster gehören. Zum anderen wurde
im Jahre 1514 der Baumeister Jean Texier (der bereits den
Helm des Nordturms konsturiert hatte) damit beauftragt, eine
Chorschranke zu errichten, die den Chor vom Chorumgang
trennt. Sie enthält vierzig Nischen,
die zwischen 1519 und 1714 mit plastischen Darstellungen aus
dem Leben Christi und Marias besetzt wurden. Die Fotos zeigen
die Nischen 11 (Beschneidung Jesu), 12 (Anbetung des Christuskindes
von den drei Weisen), 13 (Jesus im Tempel) und 14 (Ermordung
der unschuldigen Kinder) .
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Literatur:
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Chartres - Kunstführer der Kathedrale. Étienne Houvet.
Editions Houvet, 2003. ISBN: 2-909575-66-7.
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Links:
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Die Universität von Ithaca hat einige schöne Illustrationen und Flash-Animationen zur Kathedrale von Chartres.
Mary Ann Sullivan hat einige schöne Bilder von den Skultpuren der Kathedrale.
Jeffery Howe vom Boston College hat einige Bilder vom
Inneren der Kirche auf seinen
Webseiten, insbesondere auch Fotos von den Glasmalereien.
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Anregungen, Lob & Kritik nehme ich gerne entgegen.
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